Die backsteinerne Rundung der Millenniumskirche, die prächtig sanierte ehemalige Synagoge, das Bundesreal- und -oberstufengymnasium in St. Pölten, der Kindergarten in Hadres: Die Wand an der Innenstiege des Architekturateliers Pfoser ist dicht mit Farbfotos behängt. Wer dort arbeitet, geht mehrmals täglich daran vorbei. Die Bilder zeigen die wichtigsten Projekte – und nur einen Bruchteil dessen, was drei Generationen Pfoser bis dato planten und realisierten. Von den kleinsten Interventionen bis hin zu Wohn- und Städtebau dürften es über tausend Arbeiten sein. 1958 hat Reinhard Pfoser das Büro gegründet. Seither ist es auf zwei Ebenen angewachsen; die viertelgewendelte Stiege mit der Glasbrüstung hantelt sich eine abgetreppte Schrankwand hinauf auf die Galerie. Natürlich eine Eigenplanung.
Es ist gerade eine Phase des Übergangs: Kürzlich übernahm Paul Pfoser. Sein Vater Wolfgang ist offiziell in Pension, faktisch aber oft da, um seine Projekte noch abzuschließen. Ganz anders als dessen eigener Vater Reinhard. „Der war von einem Tag auf den anderen nicht mehr präsent.“ Die zwei Pfosers mitgerechnet, hat das Atelier derzeit 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die meisten bleiben viele Jahre. Paul Pfoser sagt: „Einer hat sogar schon beim Opa angefangen.“
Zeichnungen aus der Kriegsgefangenschaft
Reinhard Pfoser, Jahrgang 1925 und Sohn eines Bankbeamten, musste wie viele seiner Generation in den Zweiten Weltkrieg einrücken. Nach der Invasion der Alliierten in der Normandie geriet er 1944 in Kriegsgefangenschaft. Im Lager zeichnete er „unglaublich viel“, wie sein Sohn erzählt. Einige Skizzen, die er dort machte, gibt es immer noch. Seine Nachkommen bewahren sie sorgfältig auf. 1947 gelang ihm die Flucht.
Nach dem Krieg lag Wien in Schutt und Asche, es gab viel zu tun. An der Architektur faszinierte Reinhard Pfoser laut seinem Sohn, dass man einfach ein Türblatt auf zwei Böcken querlegen müsse und schon zeichnen könne. Er schrieb sich als Werkstudent an der TU Wien ein. Dass er damals seine Karl-May-Sammlung verkauft hatte, um sich „den Neufert“ – die Bibel der Architektur, die alle Normmaße beinhaltet – zuzulegen, beeindruckt Sohn und Enkel bis heute.