Es war ein Kraftakt mit gigantischem Ehrgeiz und enormem Tempo. St. Pölten wollte Landeshauptstadt werden und hatte den Zug zum Tor. Das Resultat der Volksbefragung im März 1986 war eindeutig, und am 10. Juli wurde St. Pölten zur niederösterreichischen Landeshauptstadt. Fehlte nur noch die bauliche Infrastruktur für Politik und Verwaltung. Man gründete die Niederösterreichische Landhaus Planungsgesellschaft NÖPLAN. Fünf Jahre nach Baubeginn 1992 eröffnete das Regierungsviertel.
„Wir begannen bei null“, erinnert sich der damalige Vorstandsvorsitzende Norbert Steiner. 1987 prüfte man Standorte, 1988 wurde ein rund 21 Hektar großes Areal am westlichen Ufer der Traisen als Planungsgebiet ausgewählt. „Wir lösten dafür nach langen Verhandlungen eine riesige Kleingartenanlage auf“, so Steiner. Das Grundstück zwischen Innenstadt und Traisen ließ sich gut entwickeln. 1989 lobte man einen internationalen Architekturwettbewerb aus. Trotz des Eisernen Vorhangs nahmen rund 60 tschechoslowakische Büros daran teil. Von den insgesamt 166 Architektinnen und Architekten setzte sich der Wiener Ernst Hoffmann durch.
20.246 Quadratmeter Fläche, 35.000 Quadratmeter Straßen und Plätze, ein Bruttorauminhalt von 798.347 Kubikmetern: Laut Steiner war das Quartier damals die größte Hochbaustelle in Österreich. „Unser Ziel war es, einen attraktiven Standort für Politik, Kultur und Arbeitsplätze zu schaffen“, sagt er. Es war die Zeit großer Projekte, man betonierte und asphaltierte, als gäbe es kein Morgen. Das Regierungsviertel ist Städtebau aus einem Guss. Eine klare Hauptachse führt von Norden nach Süden, vom Traisen- zum Landhausplatz, parallel zum Ufer, mit einem vertikalen Hochpunkt: dem Klangturm. Viele bezeichnen es als „Stadt in der Stadt“. Ein wesentlicher Bestandteil einer solchen – das Wohnen – fehlt aber. Ein Jahr nach der Eröffnung war die gesamte Beamtenschaft übersiedelt.
Und wie sieht es heute hier aus? Zeit für einen Lokalaugenschein.