Daniela Wandl, Marina Lacković alias Malarina und Berni Wagner im Gespräch mit Thomas Trenkler
Rita Newman
Daniela Wandl, Marina Lacković alias Malarina und Berni Wagner im Gespräch mit Thomas Trenkler

Kabarett

Lachen ist ein Überlebens-mechanismus


Wie geht es dem Kabarett in diesen speziellen Zeiten? morgen lud Daniela Wandl, Leiterin der Bühne im Hof, sowie die Nachwuchsstars Marina Lacković alias Malarina und Berni Wagner zum Gespräch.

Was darf Humor und was kann er bewirken – gerade in herausfordernden Zeiten wie jetzt? morgen bat zum Round Table in die St. Pöltner Bühne im Hof, die auf Kleinkunst, Kabarett und Musik spezialisiert ist. Daniela Wandl, die engagierte Leiterin, freute sich über die zwei eingeladenen Rising Stars der Szene: Marina Lacković erhielt erst kürzlich den Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises, Berni Wagner den Programmpreis. Wandl selbst konnte, zur Quarantäne vergattert, nur per Videoschaltung teilnehmen.

morgen: Die Bühne im Hof wurde 1990 von Mimi Wunderer-Gosch gegründet. Sie, Frau Wandl, folgten 2016 als künstlerische Leiterin nach. Die Programmatik hat sich im Lauf der Jahrzehnte etwas gewandelt. Warum?

Daniela Wandl

:

Ein Haus wird von den Menschen geprägt, die das Programm gestalten. Zudem gab es damals kein Festspielhaus – und das Theater wurde noch von der Stadt betrieben. Es fand daher auch Tanz statt.

Herr Wagner, Sie sind schon mehrfach hier aufgetreten. Zeichnet die Bühne im Hof etwas Spezielles aus?

Berni Wagner

:

Mein erster Auftritt in St. Pölten war im Rahmen des Höfefests. Laufpublikum ist normalerweise furchtbar fürs Kabarett. Das weiß ich aus meinen Anfangstagen, ich hatte schon schlimme Auftritte – etwa bei Musikfestivals. Die Leute wollen einfach tanzen, und dann stehst du auf der Bühne. Es war zudem recht kühl. Ich hatte also Befürchtungen. Aber es hat super funktioniert. Denn hier gibt es ein Publikum, das sich hinsetzt und zuhorcht. Und hier kriegt man auch als aufstrebender Act die Chance, in einem großen Saal zu spielen.

Wandl:

:

Wandl: Die Bühne im Hof hat 400 Sitzplätze. Das muss man erst einmal „derspielen“!

Durch das Lachen lockern sich verfestigte Ansichten.

Und Sie, Frau Lacković, standen auch schon auf der Bühne im Hof?

Marina Lacković:

:

Ja, gemeinsam mit Berni und anderen im Rahmen des Förderprogramms „Trampolin“. Aber ich werde auch solo auftreten – mit meinem Programm „Serben sterben langsam“.

Sie beide sind zufällig zum Kabarett gekommen. Sie, Frau Lacković, haben als Autorin begonnen. Und Sie, Herr Wagner, wollten Schauspieler werden, sind aber am Max Reinhardt Seminar als Puck gescheitert.

Wagner

:

Das muss ich korrigieren: Gescheitert bin ich als ernsthafter Revolutionär im Sartre-Stück „Die schmutzigen Hände“. Als Puck hatte ich aber Erfolg: Die Jury lachte. Das war ein Hinweis, dass vielleicht das Komödiantische der Weg ist, den ich einschlagen sollte.

Lacković

:

Ich kannte Denice Bourbon, die in Wien den PCCC, den Politically Correct Comedy Club, gegründet hatte und sah sie 2019 performen. Irgendwann traf ich sie wieder beim Fortgehen und fragte sie, ob sie nicht für die Acts von PCCC Autorinnen suchten. Ich sah mich zunächst nicht auf einer Bühne stehen, aber Denice Bourbon schlug mir vor, meine Texte selbst vorzutragen – und dann ging das auf.

Wagner

:

Echt? Du bist eine wahn-sinnig lustige Persönlichkeit – und hast nicht ans Auftreten gedacht?

Lacković

:

Ich wusste schon, dass ich lustig sein kann. Aber ich hätte nie gedacht, dass die Menschen dafür Eintritt zahlen würden. Ansonsten hätte ich das doch schon längst gemacht!

Ich vermeide aus Faulheit tagesaktuelle Anspielungen.

Was Sie beide zudem eint: Sie sprechen auf der Bühne mit Akzent beziehungsweise im Dialekt. Das ist ein bewusstes Stilmittel.

Lacković

:

In meinem Fall ja.

Wagner

:

Auch in meinem. Ich habe dieses Stilmittel Josef Hader geklaut. Wenn man im österreichischen Dialekt spricht, wirkt es bodenständiger. Mit Dialektwörtern garniert, kann man in ein Programm auch Themen reinschummeln, mit denen sich das Publikum vielleicht noch weniger beschäftigt hat. Aber ich machte auch aus der Not eine Tugend. Das Hochdeutsch liegt mir nicht so. Im Dialekt fühl ich mich wohler. Während Marina mehrere Sprachen beherrscht und dann neben diversen Dialekten auch noch sauberstes Hochdeutsch ungekünstelt rüberbringt.

Weil Sie, Frau Lacković, rumänische Wurzeln haben, in Serbien lebten und dann nach Österreich kamen?

Lacković

:

Ja. Ich bin mit einer romanischen, einer slawischen und einer germanischen Sprache aufgewachsen. Das ist im indogermanischen Raum eine gute Basis, um weitere Sprachen zu lernen. In der Schule hatte ich Russisch; und meine Mutter schaute in meiner Kindheit sehr gerne Telenovelas. Als ich dann halbwegs Spanisch verstand, begann das serbische Fernsehen, türkische Serien auszustrahlen.

Ihre Bühnenfigur in „Serben sterben langsam“ hingegen …

Lacković

:

… ist eine Person, die rechts wählt. Obwohl sie selbst nicht gut Deutsch spricht, möchte sie andere Emigranten diskriminieren. Indem sie mit diesem starken Akzent spricht, karikiert sie sich noch viel mehr. In den „Alltagsgeschichten“ von Elizabeth T. Spira gab es eine Serbin vom Wiener Brunnenmarkt. Ich habe mir einfach überlegt: Wie würde sie die Geschichte kommentieren – vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart? In der ersten Hälfte ist der Monolog noch faktenbasiert, mit der Zeit aber wird er immer absurder. Meine Figur, die andauernd Populisten auf den Leim gegangen ist, wird verschwörungsparanoid.

Woher kommt Ihr Künstlername Malarina?

Lacković

:

Ich wollte nur ein Wort. Ich dachte mir: Was gut für Cher ist, ist auch gut genug für mich. Und so packte ich die erste Silbe meines Nachnamens in den Vornamen hinein.

Wenn man Malarina googelt, stößt man gleich einmal auf eine australische Spinne mit Ihrem Gesicht.

Lacković

:

Es gab offenbar einen Wikipedia-Eintrag zu dieser Malarina-Spinne. Und als dann Fotos von mir auftauchten, wurde eine Verknüpfung hergestellt. Ich finde das fabelhaft!

Noch etwas eint Sie beide: Sie versuchen Aufklärungsarbeit zu leisten. Richtig?

Lacković

:

Ja.

Wagner

:

Das Thema Klimawan-del wird gerne ignoriert. Beziehungs-weise: Man glaubt, die Fakten schon tausendmal gehört zu haben – und hört daher nicht mehr richtig zu. In meinem Programm „Galápagos“ stellte ich mir die Aufgabe, das The-ma greifbar zu machen. Und ich ver-suchte, Wege zu finden, die den Akti-onsradius des Publikums vergrößern.