Tobias Samuel Resch

30 Grad, Rollkragen


Hier kommt die Zukunft: An dieser Stelle präsentieren wir in jeder Ausgabe Kunstschaffende in und aus Niederösterreich, die jünger als 35 Jahre sind. Diesmal: Schauspieler Tobias Samuel Resch.

Wer bei 30 Grad Außentemperatur im Rollkragenpulli zum Interview auftaucht, muss wohl ein gewisses Maß an Selbstinszenierungsbedürfnis haben. Oder? Der Schauspieler Tobias Samuel Resch, der in salbeigrünem Oberteil zum morgen-Gespräch erscheint, würde sich dennoch nicht als Rampensau bezeichnen.

Stünde der 28-Jährige allerdings ungern im Mittelpunkt, so hätte er seinen Beruf verfehlt. Zuletzt war der gebürtige Mostviertler 2023 in Margarethe von Trottas Filmdrama „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ zu sehen. Für den Part als Bachmanns Wegbegleiter Adolf Opel war er dieses Jahr sogar auf der Nominiertenliste für die beste männliche Nebenrolle beim Österreichischen Filmpreis. Privat hingegen reizt ihn das Scheinwerferlicht weniger: „Ich bin ungern auf Premieren oder Festen. Auch früher ging ich nicht so gerne fort. Diesem Klischee, dass ein Schauspieler eine lustige Person ist, mit der man immer Spaß hat, entspreche ich nicht.“

Ein Eigenbrötler ist Resch freilich keineswegs. Im Gegenteil: Schon öfter stampfte er mit Kollegen Projekte aus dem Boden. Den Kurzfilm „Am Grat“, den er als Abschlussarbeit für sein Schauspielstudium an der Musik und Kunst Privatuniversität in Wien einreichte, realisierte er zusammen mit Regisseur Matteo Sanders von der Filmakademie. Das Drehbuch rund um den an Multipler Sklerose erkrankten Paul schrieb das Duo gemeinsam und erhielt dafür einiges an Anerkennung: So wurde der Film 2022 auf der Diagonale in Graz prämiert und lief im Programm des Kurzfilmfestivals Short Fest in Palm Springs.

Reschs Wunsch ist es, eine eigene Serie zu schreiben und zu produzieren – ganz nach dem Vorbild Donald Glovers, der die Serie „Atlanta“ entwickelte und auch als Rapper Childish Gambino bekannt ist. Ihn bewundert Resch insbesondere als Allroundentertainer: „Es begeistert mich, wenn Menschen singen und schauspielen, aber auch schreiben können und damit für das gesamte Ensemble denken.“ Breit aufgestellt ist auch Resch: Zehn Jahre lang lernte er Schlagzeug. Er brachte sich selbst Gitarre und Klavier bei, stand im Burg- oder Volkstheater auf der Bühne und ist auch regelmäßig in Serien zu sehen, zum Beispiel in „Helgoland 513“. Dass der im ländlichen Waidhofen an der Ybbs aufgewachsene Tobias Resch einmal Schauspieler werden würde, stellte sich erst langsam heraus. Auftritte in der Kirche und einer selbstgegründeten Straßentheatergruppe erweckten den Wunsch, professionell vor Publikum aufzutreten. 2016 zog es ihn schließlich zum Studieren und Schauspielen nach Wien.

Seit letztem September produziert er mit seinem ehemaligen Studienkollegen Enrico Riethmüller auch kurze Videos für Social Media. Darin nehmen die beiden mit dem obligatorischen Pullover am Leib jene Personen aufs Korn, die sich über ihren Intellekt und erlesenen Kunstgeschmack profilieren. Wie er erzählt, reizte ihn daran, sich selbst für eine Figur entscheiden zu können. Im Theater und beim Film rutsche man nämlich schnell in eine Art Raster und werde dann oft für ähnliche Rollen gecastet. Der Account seiner Spielwiese steht für „Turtlenecks“ (@trtlnx), „in Anlehnung an die Rollkragenpullover, die Schauspieler ja immer tragen – selbst dann, wenn es dafür eigentlich viel zu warm ist“, wie der Künstler scherzt. Und damit einen gewissen Hang zur Selbstironie demonstriert.  ● ○