Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser!


Unser Special dreht sich diesmal um das Renaissancejahr: Drei Institutionen – das Kunsthistorische Museum Wien, das Schloss Ambras in Innsbruck und die Schallaburg – zeigen 2024 Ausstellungen zu jener Epoche, die als wegweisend für die Moderne gilt und über die trotzdem nach wie vor viele Missverständnisse herrschen.

Manchmal beschleicht mich der Eindruck, dass Kulturinstitutionen immer mehr leisten müssen. Neben ihren ursprünglichen Aufgaben – also der Produktion und Präsentation von Kunst – haben sie heute eine Reihe weiterer Herausforderungen zu bewältigen: Sie müssen PR-Arbeit machen, auf Social Media präsent sein, ihre Arbeit vermitteln und idealerweise möglichst viele Leute ansprechen. Auch in ihrem Verhältnis zur Öffentlichkeit haben sich die Anforderungen geändert – und zwar zu Recht: Längst reicht es nicht mehr, ein bildungsbürgerliches Publikum anzusprechen. Museen, Theater und Konzerthäuser sind aufgefordert, auf eine diversifizierte Öffentlichkeit einzugehen. Oder besser: Öffentlichkeiten. So lautet auch das Thema dieses Heftes. Der Begriff ist bewusst im Plural gehalten. Damit sprechen wir die zunehmende Partikularisierung und Individualisierung der Gesellschaft an sowie den damit verbundenen medialen Wandel. Dieser verlangt auch eine immer schnellere Positionierung gegenüber aktuellen Krisen, wie sich aktuell angesichts des Krieges im Nahen Osten zeigt. Dass sich Kulturinstitutionen davon nicht abschotten können – und wollen –, unterstreicht das Gespräch, das meine Kollegin Karin Cerny mit dem Autor Fabian Burstein, Belvedere-Direktorin Stella Rollig und Marie Rötzer, der Intendantin des Landestheaters Niederösterreich, führte (ab Seite 10). Letztere ruft zu differenzierter Auseinandersetzung mit den Fragen der Gegenwart auf, wenn sie durchaus selbstkritisch sagt: „Wir sind als Kulturinstitutionen sehr schnell dabei, aus unserer Komfortzone heraus eine Flagge zu hissen oder ein Posting online zu stellen. Dabei können wir nicht immer sofort wissen, was die richtige Seite ist.“

Unser Special dreht sich diesmal um das Renaissancejahr: Drei Institutionen – das Kunsthistorische Museum Wien, das Schloss Ambras in Innsbruck und die Schallaburg – zeigen 2024 Ausstellungen zu jener Epoche, die als wegweisend für die Moderne gilt und über die trotzdem nach wie vor viele Missverständnisse herrschen. Damals verbreitete sich auch der Buchdruck – und damit die „Propaganda mittels neuer Medien“, wie der Historiker Tobias Roth im Gespräch mit Saskia Blatakes ab Seite 30 ausführt.

Beim Lesen dieses Heftes wünsche ich Ihnen viel Freude! ● ○

Herzlichst
Ihre Nina Schedlmayer