Kolumne

Ein Roboter ist auch nur ein Mensch


Woher das Wort „Roboter“ stammt, weiß in Tschechien beinahe jeder. Kein Wunder. Es kommt nämlich von „robota“, was so viel wie „Arbeit“ bedeutet. Es gibt wenige Wörter, die aus dem Tschechischen respektive Slawischen stammen und weltweite Verwendung finden.

Mit der Bezeichnung „Robot“ kam die Öffentlichkeit zum ersten Mal 1921 in Berührung. Es war im Prager Nationaltheater bei der Premiere eines Theaterstücks von Karel Čapek mit dem Titel „R.U.R. – Rossumovi univerzální roboti“, also: „Rossums universelle Roboter“. Das Publikum war begeistert von dem Kollektivdrama, das so anders war als die anderen Stücke davor.

Ursprünglich wollte Čapek die Roboter „Labors“ (nach dem lateinischen Wort „labor“, Arbeit) nennen, die Bezeichnung gefiel ihm aber nicht ganz. Erst nach einer Beratung mit seinem Bruder Josef, der ebenfalls Schriftsteller war und den Begriff Roboter vorgeschlagen hatte, war er zufrieden. Auch das Wort „rozum“, auf das Čapek im Titel anspielt, gehört erklärt. Es heißt nämlich der Verstand. Das bedeutet, der Verstand hat die Roboter erfunden und konstruiert. Und der Verstand hat es verursacht, dass sich die Roboter nicht immer so verhielten, wie er es von ihnen erwartet hatte. Sie erinnern sich: „Die Geister, die ich rief …“

Nach dem internationalen Erfolg ist das tschechische Wort „robot“ (Roboter) weltweit populär geworden. So wurden diverse automatische und mechanische Einrichtungen einschließlich der multifunktionellen Maschinen und intelligenten Spielzeuge bezeichnet. Es existierten einige Definitionen, doch wenige Menschen wussten, was der sogenannte Roboter in Wirklichkeit ist.

Heute erklärt der Duden den Begriff Roboter so: „Roboter sind Maschinen, die sich mithilfe von Motoren bewegen und verschiedene Aufgaben erledigen können. Die Bewegungen des Roboters werden dabei von einem Computerprogramm gesteuert. Um Aufgaben selbstständig zu erledigen, können Roboter aber auch mit Sensoren wie zum Beispiel einer Kamera ausgerüstet werden.“

Anders aber als in der heutigen Zeit sind Rossums Roboter keine Maschinen, keine Androiden, sondern künstliche Menschen aus Fleisch und Blut, die als billige und rechtlose Arbeitskraft missbraucht werden sollten. Sie können lachen, weinen und sich verlieben, sie haben Träume, Wünsche oder Todesangst, empfinden Freude und haben sogar Sinn für das Schöne. Nur eines fehlt ihnen – die Empathie. Mitgefühl mit anderen Wesen ist ihnen fremd.

Čapek skizziert in seinem Stück eine düstere Zukunft, in der die Roboter die Arbeit der Menschen vor allem in der Industrie übernehmen und damit die gesamte Weltwirtschaft verändern. Doch ein Roboter ist auch nur ein „Mensch“ und lässt sich die Ausbeutung auf die Dauer nicht gefallen. Die Kunstmenschen beginnen zu rebellieren, üben einen organisierten Aufstand, reißen die Weltherrschaft an sich und vernichten die Menschheit.

„R.U.R.“ war für die damalige Zeit revolutionär und hatte zweifelsohne einen bedeutenden Einfluss auf die Science-Fiction-Literatur und die Wahrnehmung der Roboter in der Gesellschaft. Es wirft aber auch ein Licht auf die Ethik der künstlichen Intelligenz und die Beziehung der Menschen zur Technologie sowie mögliche Konsequenzen einer unkontrollierten Automatisierung.

Heute, mehr als einhundert Jahre nach Čapeks Vision, ist die künstliche Intelligenz, ob man sie konkret wahrnimmt oder nicht, stets unter uns. Sie hat in den letzten Jahren in vielen Aspekten erhebliche Fortschritte gemacht und wird in zahlreichen Bereichen wie Medizin, Verkehr, Bankwesen, Bildung oder Unterhaltung eingesetzt. Sie erleichtert und erschwert uns das Leben gleichzeitig. Die Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz schreitet weiter rasant voran, viel schneller, als es unser Gehirn aufnehmen kann. Neue Technologien und Anwendungen werden entwickelt. Wer kennt das nicht? Elektronische Anmeldungen, Stornierungen, Abonnements. Man sitzt vor dem Computer und ist verzweifelt. Der Termin beim Arzt soll fixiert werden, die Zusage zu einer Veranstaltung geht nur über einen QR-Code, die Kommunikation mit dem Finanzamt funktioniert nur mit elektronischer Unterschrift. Und zu allem Übel schickt mir Facebook ständig eine Schuhwerbung, nur weil ich daran gedacht habe, mir irgendwann neue Sportschuhe zu kaufen.

Wer schaut mir da ins Gehirn?

Ich setze mich an den Computer, versuche die Spams zu löschen, die unerwünschten Nachrichten zu blockieren, massenweise Männer abzuwehren, die aus den USA oder Kanada stammen sollen, momentan in Afghanistan, Syrien oder Oman leben, die allesamt verwitwet sind und mir ihre Freundschaft anbieten. Hilfe! Wo sind die Kinder und Enkelkinder, die einem bei dem Chaos helfen könnten?

Keine Frage, die Jungen finden sich in der elektronischen Welt besser zurecht als die Alten. Oft sieht man Kinder im Vorschulalter am Handy oder Tablet ihrer Eltern geschickt hantieren und spielen, während die Mamas und Papas schnell einkaufen, telefonieren oder mit Freunden in Ruhe Kaffee trinken können. ChatGPT kann Hausaufgaben schreiben, diverse Reden und Vorträge verfassen, unangenehme Textarbeiten übernehmen. Aber Vorsicht! Sie kann. Und sie kann auch nicht. Nicht alles, was das System von sich gibt, ist richtig.

Die künstliche Intelligenz wurde von Menschen geschaffen, um bestimmte Aufgaben zu automatisieren oder zu optimieren. Und sie ist nur so intelligent wie die Menschen, die sie erschaffen haben. Für bestimmte Aufgaben fehlen ihr aber ein breites Wissen, Allgemeinbildung und der Verstand, die die menschliche Intelligenz auszeichnen.

Alexa, der Sprachassistent – um genderkorrekt zu sein: „Assistentin“ – kann per Sprachbefehl bestimmte Aufgaben übernehmen. „Alexa, wie spät ist es?“, „Alexa, wie warm ist es draußen?“, „Alexa, spiel mir mein Lieblingslied!“ Und Alexa, die treue Stimme, erfüllt die Wünsche ihrer Besitzer. Kann sie sie aber auch ausspionieren? Kann sie ihre Vorlieben, Schwächen oder gar kleine Sünden im World Wide Web ausplaudern?

Die Angst vor der unsichtbaren Intelligenz ist immer noch da. So frage ich sie – die Alleswisserin: „Kann die künstliche Intelligenz alles?“

Und sie antwortet mir: „Nein, die KI kann nicht alles. Sie ist ein leistungsfähiges Werkzeug, hat aber klare Grenzen und kann nicht alle menschlichen Fähigkeiten und Aspekte der Intelligenz replizieren. Die Entwicklung von KI geht jedoch weiter und die Forscher arbeiten ständig daran, die Fähigkeiten und Anwendungen von KI-Systemen zu erweitern.“

Immerhin. Überheblich ist sie nicht. Und sie weiß auch nicht alles. Das mit der Weltherrschaft kann noch ein bisschen dauern. Oder doch nicht? ● ○