Mich stört das Wording der Bevölkerungsprognosen, in denen von einer schrumpfenden oder sterbenden Bevölkerung die Rede ist. Ich möchte nicht, dass aufgrund dieser Begriffe auf das Potenzial der Dörfer vergessen wird. In einem Dorf, das eine höhere Sterbe- als Geburtenrate hat, kann sich die Prognose schnell umkehren, sobald zum Beispiel zwei junge Familien zuziehen.
So kann ich sagen: Nein, das Dorf stirbt nicht! Ich bin für meine Arbeit an der Technischen Universität und im Verein Landluft viel unterwegs und sehe, wie viel in ländlichen Räumen los ist: Es gibt viele Leute, die etwas Cooles am Land machen. Schon ein neues Kaffee- oder Gasthaus oder ein Selbstbedienungsladen bringen oft wieder Schwung in ein Dorf. Mir ist es wichtig, den Studierenden mitzugeben, dass die Sache mit den Dörfern komplexer, bunter und vor allem menschlicher ist als in der Theorie. Man muss vor Ort sein und mit vielen Leuten sprechen, um sich selbst ein Bild zu machen. Wir haben beispielsweise die Landuni in Drosendorf initiiert. Dort finden Lehrveranstaltungen, Forschungs- und Praxisprojekte sowie Summer Schools in Kooperation mit der Bevölkerung statt. Wenn zu den ländlichen Räumen gelehrt und geforscht wird, darf das nicht – bildlich gesprochen – aus dem Elfenbeinturm heraus geschehen, sondern muss auch vor Ort passieren.
Wir arbeiten auch mit Storytelling-Methoden. Für das Projekt „Mehr als Obergail“ haben wir zum Beispiel Geschichten über den Ort im Lesachtal, die Personen, Objekte und Gebäude gesammelt, auf einer Website publiziert und bei Lesungen präsentiert. Damit arbeiten wir mit der Bevölkerung am Selbstbewusstsein, damit den Leuten wieder klar wird, wie lässig das Leben im Dorf ist.