Es gibt sie: die großartige Olga Neuwirth, deren Oper „Orlando“, eine Gesamtkomposition aus Musik, Mode, Licht und Bewegung, 2019 an der Wiener Staatsoper ausverkauft war. Die vielseitige Johanna Doderer, die mit ihrem Opernschaffen Häuser in München, Erfurt und Wien erobert – in der bayrischen Hauptstadt 2021 feierte ihr Werk „Schuberts Reise nach Atzenbrugg“ am Gärtnerplatztheater seine Uraufführung in großer Orchesterfassung. Oder die in Wien lebende Kim Cooper, deren Song „Unique“ Superstar Beyoncé auf ihrem jüngsten Album zitiert. Glückliche Einzelfälle, deren Strategien Vorbild sein können, mehr nicht. Denn die Geschichten von untergriffigen Fragen, vom Aufgeben und vom Verdrängtwerden, die Komponistinnen bis heute erleben, sind zahllos. Seit Clara Schumann wird die weibliche Schaffenskraft infrage gestellt. Dabei ist das Schöpferische zutiefst weiblich.
Es wird sich nichts von selbst ändern, im Gegenteil: Je jünger eine Institution, desto weniger gender-balanciert ist sie. Das zeigt sich an den Führungsriegen der jüngsten Musikuniversitäten ebenso wie im Internet: Wikipedia zensuriert Biografien von Wissenschaftlerinnen; sie seien zu wenig relevant. Der Algorithmus von Spotify fördert Ähnlichkeiten und Easy Listening, einen weißen männlichen Musikgeschmack.
Die Akkreditierungskommissionen der neuen Musikunis lassen den Genderaspekt in ihren Anforderungen an Qualifikation und Ausstattung unberücksichtigt. Weder die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien noch die Linzer Anton Bruckner Privatuniversität oder das Jam Music Lab führen Studien der feministischen Musikologie.