Ich sitze in einem Co-Working-Space in der 4.500-Einwohner-Gemeinde in Kärnten, in der ich auch wohne. Als wir den Co-Working-Space 2014 eröffneten, wussten die Menschen nichts damit anzufangen. In den ersten drei Jahren kamen nur wenige Leute – und gingen wieder. Das hat sich geändert: Mittlerweile sind wir bummvoll. Es kommen plötzlich immer interessantere Menschen an Orte wie diesen.
Bis Mitte der 2010er-Jahre wurden ballungsfernere Regionen totgeschrieben. Keiner wollte aufs Land. Vor zwei bis drei Jahren wurde die Berichterstattung über den ländlichen Raum positiver. Ein Grund: die Digitalisierung. Wir tragen die Welt in der Hosentasche. Und durch Corona haben wir einen Digitalisierungsschub erlebt, der sonst sicher zehn Jahre länger gedauert hätte. Vorher war ich 200 Tage im Jahr unterwegs, jetzt sind es vielleicht 20. Danke, Corona! Für mich ist der Idealzustand aber nicht entweder Land oder Stadt, sondern sowohl als auch. Daher miete ich auch ein Bett in Wien.
Wir müssen die Orte am Land jetzt neu erfinden, vor allem die Orts- und Stadtkerne wiederbeleben und neue Programme für Leerstände entwickeln: In der Mitte der Orte sollte wieder das süße Leben stattfinden. Wir wollen wieder Krapfen mit guter Fülle, nicht Donuts mit Löchern in der Mitte! Wir brauchen einen Krapfen-Effekt – im Gegensatz zum Donut-Effekt, der die Speckgürtel fördert. Aus einem Donut einen Krapfen zu machen, das dauert vielleicht zehn bis 15 Jahre. Aber wo es gelingt, erleben Orte, die nicht auf die Butterseite gefallen sind, eine neue Blüte.