Klein- und Mittelstädte wurden lange Zeit übersehen. Wenn Städterinnen und Städter aufs Land kommen, dann wollen sie richtig aufs Land und nicht in eine kleine Stadt. Bewusst oder unbewusst, gesteuert oder ungesteuert, finden hier gerade Positionierungsprozesse statt. Diese Städte fangen an sich zu überlegen: „Wer bin ich eigentlich? Was erzählt man über mich? Warum kommt man zu uns?“ Wie Klein- und Mittelstädte jetzt anfangen, eigene, kleine Attraktoren zu entwickeln, finde ich sehr spannend zu beobachten.
Ich setze mich intensiv mit Tourismusfragen außerhalb der Stadt auseinander, mit der Bewegung von der Stadt aufs Land, und habe bereits viele Projekte in Niederösterreich realisiert, die sich mit dem Thema der Kultur außerhalb der Großstadt befassen. In Krems und in Wiener Neustadt haben wir diverse Projekte umgesetzt, ebenso zwei Landesausstellungen in Niederösterreich. Unser erstes Projekt aber war das Cinema Paradiso in St. Pölten, der Umbau eines bestehenden Kinos zu einem Programmkino mit Bar. Ende der 1990er-Jahre war St. Pölten noch eine verschlafene Stadt und die Landesregierung erst seit Kurzem dort. Aber genau das ist eine Chance für eine Stadt. Die Leerflächen kleiner Städte bieten oft ein spannendes Entwicklungspotenzial, das wirkungsvoller sein kann als das einer Großstadt. Das Cinema Paradiso wurde 2006 zum besten Kino Europas gekürt. Das Programmkino war zu einem Anziehungspunkt geworden und veranlasste auch Wiener Kinos zum Umdenken: Sie sahen, dass Programmkinos nicht zwangsläufig aussterben müssen. Ein weiterer Anziehungspunkt in St. Pölten ist die New Design University (NDU).
Das Charakteristikum einer Metropole ist, dass sie Energie ausstrahlt. Wenn Kleinstädte solch kleine Einsprengsel von den Metropolen übernehmen, geht plötzlich auch von ihnen eine derartige Energie aus. Die NDU oder die Donau-Universität in Krems sind zu solchen Anziehungspunkten geworden. Ich finde, es ist eine sehr clevere Strategie, solch qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze aufzubauen.