Mir ist die Unterscheidung zwischen sinnlosen Mutproben und Courage wichtig. Zweitere verstehe ich nach Brechts „Mutter Courage“ als widerständigen Mut. Wir sprechen hier von äußerst schwierigen Situationen, in denen man mitunter sein Leben oder das seiner Kinder riskiert. Courage bedeutet für mich, Nein zu sagen oder etwas trotzdem zu tun, selbst wenn schwere Strafen drohen.
Aus zahlreichen historischen Beispielen wissen wir: Eine große Motivation, widerständigen Mut zu entwickeln, ist die Liebe. Dorothea Neff hat zum Beispiel ihre Freundin vor den Nazis versteckt. Ein anderer wichtiger Antrieb ist auch, den Nachkommen eine Welt in Freiheit und Demokratie zu hinterlassen. Die Ärztin Ella Lingens hat, obwohl ihr Sohn erst drei Jahre alt war, Verfolgte aufgenommen und kam deshalb nach Auschwitz, wo sie nur knapp überlebte. Wie sie sagte, wollte sie ihrem Sohn später in die Augen schauen können. Für manche war ihr Glaube die Quelle ihres Widerstands.
Aber auch kleine Widerständigkeiten sind wichtig und mutig. Das kann ein Lächeln über die Straße für eine Freundin sein, mit der man nicht mehr sprechen darf, oder, um ein aktuelles Beispiel zu nennen, bei fremdenfeindlichen Bemerkungen in der U-Bahn etwas zu sagen, anstatt durch Schweigen zuzustimmen. Ich glaube, der Mut für solch ein Verhalten wächst schon in Kindern heran, deren Eltern ihnen vorleben, gegen den Mainstream zu sprechen – und natürlich durch ein politisches Umfeld, das couragiertes Verhalten gutheißt und zum Beispiel durch Auszeichnungen belohnt.