Robin Gadermaier
Markus Raffeis
Robin Gadermaier

Gadermaier

Unter die Haut


Hier kommt die Zukunft: An dieser Stelle präsentieren wir in jeder Ausgabe Kunstschaffende in und aus Niederösterreich, die jünger als 35 Jahre sind. Diesmal: Robin Gadermaier.

Wenn Robin Gadermaiers Finger über die Saiten wandern, möchte man dem zustimmen, was das Label Rote Welt Records vom Bassisten behauptet: Wäre er ein Tier, dann wohl ein Chamäleon. Gleich 16 diverse E-Bass-­Sounds führt er etwa in einem kurzen Youtube-Video vor. Von Bach-Präludien über Mikrotonalität bis zu Popsongs – Gadermaier probiert prinzipiell gerne, wie er Unterschiedliches auf den Punkt spielen kann. „Auf eine Art steckt der Bass noch in den Kinderschuhen“, vermutet der Musiker, der aus der Jazz- und Poptradition kommt, sich aber als Improvisateur beschreibt und nach stilistischer Grenzenlosigkeit strebt: Das Instrument könne viel mehr als begleiten, wenn man mit der klassischen Rolle bricht und neue Wege sucht.

Den Weg des gebürtigen Melkers, Jahrgang 1992, bestimmte die Musik schon früh. In Nußdorf ob der Traisen, wo er aufwuchs, brachte ihm sein von Hinduismus begeisterter Vater Weltmusik, Free Jazz und Woodstock nahe. Gadermaier lernte Schlagzeug, wechselte dann auf den Bass. Erste Bands formierten sich. Nach einigen Unterrichtsstunden, Wettbewerben und Jazzseminaren war klar, dass ihn der kraftvolle Bassklang, der alles in Bewegung versetzt, fasziniert: „Ich würde den Bass nie gegen ein anders Instrument tauschen“, sagt er heute. 2017 schloss er das Jazz-Bass-Studium an der Musik und Kunst Privatuniversität in Wien ab, mit dem es für ihn als Profimusiker ernst wurde. Seither sammelte er in vielen Konstellationen Spielerfahrung. 

Vermutlich sei er auch Bassist, weil Musik Menschen zusammenbringe, überlegt Gadermaier. Als die Auftritte während der Pandemie wegfielen, nutzte er die Situation trotzdem und konzentrierte sich auf das Verfeinern von Grundfertigkeiten und das Ausloten von Möglichkeiten in Proberäumen in Wien und Niederösterreich. Gadermaier möchte in vielen Facetten gut und authentisch spielen – und so wiederum als Lehrer in der Musikschule Herzogenburg begeistern. Schließlich kann auch er inspirierende Mentoren, Mitmusiker und Vorbilder nennen. Seien es der Klaviervirtuose Art Tatum, Charlie Parker oder der Bassist Hadrien Feraud, bei dem er bereits lernte – ihn beeindruckt, wer Komplexes meistert, ohne verbissen zu sein. Auch der Fußballer Lionel Messi zählt zu dieser Sorte Idol. Gadermaier sportelt zum Ausgleich selbst gern. In diesem Jahr des ausschließlichen Probens kristallisierten sich Hauptprojekte heraus. Dazu gehören neue Alben mit zwei Trios, bei denen die Schlagzeuger Valentin Duit (Zwölf nach vier; mit Saxofonist Robert Unter­köfler) und Lukas Böck (The Next Generation Of Sound; mit Pianist Paul Urbanek) mitwirken, mit denen er jeweils auch im Duo spielt. Voriges Jahr veröffentlichte er in dieser ungewöhnlichen Instrumentenkombination mit Duit die CD „Raitug Fack No“. Eine weitere folgt bald mit Böck, mit dem er unter anderem 2020 das herausfordernde Kafka-Live-Hörspiel „In der Strafkolonie“ für Schauspieler Sören Kneidl im Volkstheater musikalisch umsetzte.

Das größte Ziel, das sich Gadermaier für heuer gesteckt hat, ist ein Debütalbum mit Eigenkompositionen: Eine Werkschau, für die er ganze Nummern allein spielt, verschiedene Seiten und das Potenzial seines Basses zeigt. Mit den Aufnahmen ist es für Gadermaier freilich nicht getan. Er übt weiter, bis er etwas so intus hat, dass er beim Spiel intuitiv Herz und Hirn vereint, wie er sich wünscht: „Musik ist für mich nichts Pragmatisches, es muss unter die Haut gehen, einen packen.“ Daher soll seine Musik auch nicht ins Abstrakte abgleiten, sondern stets Rhythmus haben, betont er: „Dass man Leute zum Tanzen bringt, darf niemals verloren gehen.“ ● ○