© Lenka Minarik
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Wieda Shirzadeh-Kepi

Tänzerische Tiefenbohrungen


Hier kommt die Zukunft: An dieser Stelle präsentieren wir in jeder Ausgabe Kunstschaffende in und aus Niederösterreich, die jünger als 35 Jahre sind. Diesmal: die Tänzerin Wieda Shirzadeh-Kepi.

„Es gibt ja diesen Spruch: Jeder kann tanzen“, meint Wieda Shirzadeh-Kepi. „Das glaube ich auch, aber ich glaube nicht, dass jeder es will. Das ist okay. Allerdings öffnet Tanz so viele Möglichkeiten, Dinge zum Ausdruck zu bringen. Menschen können da Sachen aus sich herausholen, von denen sie vorher gar nicht wussten.“ Gerade deswegen arbeite die 27-jährige Tanzpädagogin, Tänzerin und Choreografin so gerne mit Menschen, die sonst wenig mit Tanz zu tun haben. Wie etwa aktuell als Bewegungscoach für eine Theaterproduktion in Wien, bei der sie Schauspielerinnen und Schauspielern hilft, ihre Körper gezielter auf der Bühne einzusetzen. „Tanz ist eine Kommunikation zwischen dem, was du spürst und was du nach außen zeigst“, beschreibt sie ihren Zugang – sowohl, wenn sie Choreografien entwickelt, als auch, wenn sie selbst im Rampenlicht steht.

Hauptberuflich vermittelt Shirzadeh-Kepi, die im deutschen Hildesheim aufwuchs, diese Einstellung mittlerweile an der Anton-Stadler-Musikschule in Bruck an der Leitha. Dort leitet sie das Tanzprogramm, das sie seit 2019 mitaufgebaut hat. Mittlerweile werden etwa 100 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene von vier bis 24 Jahren betreut. Angefangen bei den ganz Kleinen bis zu den Ausbildungsklassen für vier konkrete Stile – klassischer Tanz, Modern Contemporary Dance, Jazz und Hip-Hop. „Was ich unterrichte, ist allerdings nicht Old-School-Hip-Hop, sondern eher ein Urban-Fusion-Style“, führt sie aus.

Dieser Stil liegt Shirzadeh-Kepi besonders am Herzen, tanzte sie doch selbst als Jugendliche jahrelang in Hip-Hop-Wettbewerben, wie sie erzählt: „Ich fing als Dreijährige mit Ballett an. Etwa mit zehn habe ich begonnen, auch Hip-Hop zu tanzen. Hip-Hop als Subkultur war immer präsent in meiner Familie. Das Interesse am Tanzen rührte dann vor allem von Youtube-Videos. Ich kam rasch ins Competition-Programm und zu Meisterschaften.“

Sehr früh, bereits mit 17, schloss sie die Schule ab. Anschließend stellte sich die große Frage: Was nun? Lässt es sich vom Tanz wirklich leben? Auch in ihrer Umgebung gab es Zweifel: Ob sie tatsächlich ihr Hobby zum Beruf machen wolle? Dann sei es ja keines mehr. „Was für ein Blödsinn! Wieso sollte ich etwas beruflich machen, das mir keinen Spaß macht, obwohl ich das tun könnte? Ich bin so froh, dass ich diesen Gedanken bereits in so jungen Jahren hatte.“ Ihre Schwester machte sie auf das Tanzprogramm am damaligen Konservatorium Wien aufmerksam, besonders auf den Zweig Tanzpädagogik. „Gerade wenn man so jung ist und viele Wettbewerbe gemacht hat, geht man davon aus, dass man eigentlich gerne hauptsächlich selbst auf der Bühne stehen möchte“, erinnert Shirzadeh-Kepi sich an die Entscheidung für das Studium zurück. „Aber mich reizte es dann doch, tiefer in diese Materie hineinzugehen.“ Sie orientierte sich schon immer an Personen, „die mir meine Leidenschaft aufrechterhalten. Neben meiner Mutter, die mich immer unterstützt hat, waren das sehr oft meine Lehrerinnen und Lehrer. Das ist so ein wichtiger Beruf im Werdegang so vieler Menschen.“

Nun ist sie selbst eine dieser Orientierungspersonen. Und auch wenn es nicht immer einfach ist, von Tanz zu leben, bereut sie ihre Entscheidung nicht: „Es ist so schön zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln. Und man merkt, wie der Tanzsaal ein Safe Space für sie ist. Hier können sie den ganzen Stress, den sie in der Schule, zu Hause oder mit sich selbst haben, abschalten. Und den Moment miteinander genießen.“ ● ○