Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser!


Fest steht, dass es sich bei Artificial Intelligence um eine disruptive Technologie handelt, die unser aller Leben umkrempeln wird. In diesem morgen nehmen wir unter die Lupe, wie sie sich auf Kunst und Kultur auswirkt und das möglicherweise in Zukunft noch tun wird.

„Noch ist KI vor allem eine rhetorisch brillante Märchen­maschine, aber mit enormem Entwicklungspotenzial.“ Das sagt Gerfried Stocker in unseren aktuellen „Standpunkten“. Er muss es wissen: Als Leiter der Ars Electronica, des Linzer Festivals für Kunst und Technologie, befasst er sich seit Jahrzehnten mit jenen Maschinen, die das Morgen bestimmen.

Seit die KI ChatGPT vor etwas mehr als einem Jahr als Open Access zugänglich wurde für alle, die über einen Internetzugang verfügen, ist künstliche Intelligenz omnipräsent. Euphorie und Angst halten sich, wie bei jeder technologischen Umwälzung, in etwa die Waage, tragen aber beiderseits zur Aufgeregtheit bei. Vor etwas mehr als hundert Jahren feierte der Futurismus einen neuen Maschinenkult, wohingegen andere künstlerische Avantgarden wie Expressionismus oder Dada die Umbrüche des Industriezeitalters kritisch reflektierten. Auch heute sehen wir in der Kunst konträre Zugänge zum Thema.

Fest steht, dass es sich bei Artificial Intelligence um eine disruptive Technologie handelt, die unser aller Leben umkrempeln wird. In diesem morgen nehmen wir unter die Lupe, wie sie sich auf Kunst und Kultur auswirkt und das möglicherweise in Zukunft noch tun wird. Der schlichten Vorstellung, dass KI Malerinnen und Schriftsteller, Musikerinnen und Komponisten überflüssig macht, setzen Kunstschaffende einiges entgegen: So erzählen der Künstler Markus Wintersberger und der Regisseur Simon Meusburger in einem Round Table davon, wie sie künstliche Intelligenz schon jetzt in ihrer Kunst nutzen, und das Medienkunsttrio Alien Productions – dem unser Special gewidmet ist – erläuterte uns, wie ihre KI-Oper entstand. Das Stichwort lautet Co-Kreation: Künstliche Intelligenz ersetzt nicht die künstlerische, sondern beide schaffen miteinander Kunst, in einem dialogischen Prozess. Interessant dabei ist häufig das Nicht-Perfekte der Technologie. Alien-Productions-Mitglied Andrea Sodomka drückt es so aus: „Was können diese Dinge, die für die Imitation von Menschen programmiert sind, sonst noch?“ Auch skeptischere Zugänge fanden Eingang in das aktuelle Heft, etwa in einem Essay von Simone Hirth.

Viel Freude beim Lesen! ● ○

Herzlichst
Ihre Nina Schedlmayer