Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser!


Wie oft beneidet man Kinder, wenn sie fantastische Welten aus Buntstift, Papier und dem, was eigentlich für den Abfall vorgesehen war, basteln – einfach aus Lust an der Freude? Im Umgang mit ihnen spiegeln sich darüber hinaus gesellschaftliche Haltungen. Daher lautet der Titel unseres aktuellen Hefts „Aufwachsen“.

In einem Essay mit dem schönen Titel „Vom Erreichen der kritischen Knetmasse“ singt die Schriftstellerin Julya Rabinowich eine Ode an kindliche Fantasie und Kreativität. „Wie viele Menschen kennen Sie persönlich, die zu derselben atemberaubenden Schöpfungskraft fähig sind?“, fragt sie rhetorisch. „Ein Kind zu erziehen bedeutet doch eigentlich, diese Kreativität zu schützen und zu pflegen, ihr ein Fundament zu geben für viele, viele Jahre des Erwachsenseins.“

Der Text findet sich im Begleitbuch zur aktuellen Ausstellung „Kind Sein“ auf der Schallaburg, der wir diesmal unser Special widmen. Rabinovich trifft einen Punkt: Wie oft beneidet man Kinder, wenn sie fantastische Welten aus Buntstift, Papier und dem, was eigentlich für den Abfall vorgesehen war, basteln – einfach aus Lust an der Freude? Im Umgang mit ihnen spiegeln sich darüber hinaus gesellschaftliche Haltungen. Daher lautet der Titel unseres aktuellen Hefts „Aufwachsen“. Es geht darin nicht nur um kindliche Kreativität, sondern auch um die Frage, welche Rolle Kunst und Kultur im Leben jener spielen, die groß werden, und wie Kunst dazu beitragen kann, dass junge Menschen zivilisatorische Grundkenntnisse erlernen – sich selbst und die Umwelt zu reflektieren, einen Zugang zur eigenen Identität zu finden, sich intellektuell ausdrücken zu können, auch: einen sozialen Umgang zu entwickeln. Essenzielle Kompetenzen, deren Vorhandensein über die Zukunft der Menschheit entscheidet. Die Kunst, die Literatur, das Theater, die Musik, der Tanz und andere kulturelle Ausdrucksformen waren schon immer Räume, an denen der Mensch zu sich findet, aber auch zu anderen.

Schon jetzt können sich viele Ältere eine Scheibe abschneiden von der Courage junger Frauen wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer, die für taugliche Maßnahmen gegen die Erderwärmung kämpfen – oder wie der 22-jährigen Lena Schilling. Umso mehr freut es mich, dass wir Letztere für ein Interview gewinnen konnten, ebenso wie die renommierte Schriftstellerin Milena Michiko Flašar, die sich gemeinsam mit ihrer Kollegin Ljuba Arnautović an ihr Aufwachsen zwischen mehreren Sprachen erinnert – und davon erzählt, was das mit ihrer Literatur zu tun hat.

Ich wünsche viel Freude beim Lesen unseres neuen Hefts.● ○

Herzlichst

Ihre Nina Schedlmayer