Landestheater Niederösterreich

Bühnenarbeit


Das Team des Landestheaters besteht aus rund hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nur die wenigsten von ihnen bekommt man allerdings auf der Bühne zu Gesicht. morgen traf vier Personen, die on und off stage arbeiten – und ließ sich von ihnen erzählen, was sie tun und warum sie ihre Arbeit schätzen. Eins wurde jedenfalls klar: Die Leidenschaft fürs Theater teilen sie.

Irene Schiller, Leitung Kostümwesen

Ich arbeitete im Modebereich und war lange selbstständig. Relativ früh kam ich mit Theatermenschen, Regisseuren und Kreativen zusammen. Die Kunst fasziniert mich von Jugend an, und dabei ist es geblieben. Mit Assistenzen hat es begonnen, und bald hatte ich eine eigene Werkstätte. Jahrelang war ich bei André Heller engagiert, rückblickend eine sehr tolle Zeit. In meiner Jugend war ich in Frankreich für eine Agentur mit dem Schwerpunkt Oper tätig, mit Produktionen quer durch Europa. Danach arbeitete ich viel für das Theater an der Wien und bildete auch Leute in meinem Atelier aus – eine schöne Aufgabe! Irgendwann kam eine Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, am Landestheater Niederösterreich die Kostümabteilung zu leiten. Ich bin jetzt acht Jahre hier und erlebe nun die zweite Intendantin. Dieses Haus ist faszinierend – gleichzeitig klein und groß. Wir versuchen alles, um die Kostümbildner-Entwürfe umzusetzen. Meine Devise ist: Jeder Künstler, jede Künstlerin ist zu respektieren. Wenn ich aber bei einem Entwurf beispielsweise einwende, dass er zu überbordend ist, dann bieten kreative Menschen auch alternative Lösungen an. Junge Talente werden bei uns unterstützt. Ich arbeite gern im Team. Wir sind nicht sehr viele Leute, aber dafür sehr effizient. Und ich kann hier auch etwas weitergeben. Natürlich menschelt es.

Es braucht die Größe.

Aber wenn es ein Problem gibt, erhält man jegliche Unterstützung. Das hat mich auch an diesem Haus gehalten. Wir sind internationaler geworden, obwohl wir so ein kleines Haus sind. Es gibt auch sehr viele Kooperationen. Das finde ich schön. Genau das braucht es ja eigentlich: Es braucht die Größe, auch wenn man klein ist. ● ○

© Katharina Fröschl-Roßboth

Emmanuel Oguttu, Bühnentechnik

Ich komme aus Uganda, wo ich aufwuchs und studierte. Vor ungefähr vier Jahren kam ich nach Österreich. Zunächst arbeitete ich bei einer Eventagentur, die unter anderem große Konzerte veranstaltet hat, in Wien, aber auch in St. Pölten. Dann, vor zwei Jahren, kam ich ans Landestheater nach St. Pölten. Hier wurde ich als Bühnentechniker aufgenommen und lernte, wie ein Theaterbetrieb funktioniert. Beim Aufbau und bei den Proben entsteht ein Konzept, gemeinsam mit den Schauspielerinnen und Schauspielern. Woanders ist es oft so, dass sie erst dann dazukommen, wenn die Technik bereits fertig ist. Hier entsteht in dieser Zusammenarbeit ein sehr kreativer Vorgang. Vor einem Monat lernte ich bei den Vorbereitungen zu „Molières Schule der Frauen“, wie man die Drehbühne bedient. Das ist sehr interessant: Man wird Teil der Aufführung, indem man exakt im richtigen Moment die Drehbühne in Bewegung setzt. Alles verlief gut und nach Plan. Das Team hier ist mir gegenüber sehr hilfreich, und die Atmosphäre im Theater ist gut für jemanden, der etwas lernen will. In meiner früheren Arbeit war es oft hektisch. Natürlich wird es auch hier manchmal stressig, doch wir haben auch Zeit zum Nachdenken.

Man wird Teil der Aufführung.

Die Technik ist zwar immer im Hintergrund, aber ohne sie gäbe es keine Produktionen. Der Umgang im Landestheater ist sehr freundlich und respektvoll, man fühlt sich akzeptiert und kann frei seine Meinung sagen. Ich bin sehr glücklich in diesem Job. Ich bin auch Musiker – ich singe und spiele Gitarre. Jetzt komme ich allerdings nicht so oft dazu. Bevor ich nach Österreich kam, hatte ich eine Band. Eine umso schönere und positivere Erfahrung ist es für mich, jetzt auch von Berufs wegen mit Musik und Theater zu tun zu haben. Ich habe nie das Gefühl, mich überwinden zu müssen, wenn ich zur Arbeit gehe. Alles hier hat mit Kunst zu tun, und ich bin ein Teil davon. ● ○

© Katharina Fröschl-Roßboth

Sandra Fuchs, Publikumsdienst

Ursprünglich besuchte ich eine Handelsakademie, kam dann aber sehr schnell drauf, dass Gewinnmaximierung und Umsatzdenken eigentlich nicht so meine Themen sind. Dann startete ich mit einem Studium der Theaterwissenschaft. Währenddessen, im Herbst 2006, begann ich am Landestheater im Publikumsdienst. Mein Aufgabenbereich betrifft alles, wo es bei der Vorstellung direkten Kontakt mit dem Publikum gibt: Einlassmanagement samt Kartenkontrolle, Verkauf der Programmhefte, Betreuung der Publikumsgarderobe, bei Bedarf Bedienung des Rollstuhllifts. Auch Parktickets stempeln wir ab. Und wir sind zuständig für jegliche Fragen und Anliegen, die das Publikum ans Theater heranträgt. Nicht zuletzt müssen wir auch darauf achten, dass die Feuerpolizei- und die Sicherheitsbestimmungen im gesamten Haus eingehalten werden. Besonders natürlich jetzt während der Pandemie, aber auch schon vorher. Als Teamleiterin bin ich zuständig für die Erstellung der Dienstpläne, hole die zeitlichen Möglichkeiten des Teams ein und gebe die Pläne weiter an die Kollegin von der Lohnverrechnung. Wir sind insgesamt 16 Personen.

Es ist eine Zwischenposition.

Pro Vorstellung sind im Großen Haus acht von uns im Einsatz, in der Theaterwerkstatt zwei, heuer – aufgrund der besonderen Einlasssituation – sind es vier. Während der Vorstellungen stehe ich immer in direktem Kontakt mit Kartenbüro, Direktion, Inspizienz, Feuerwehr. Es ist sozusagen eine Zwischenposition zwischen dem Publikum und allem, was hinter der Bühne stattfindet. Im Normalfall gibt es für das Team geöffnete Generalproben. Bei den Kindertheaterproduktionen habe ich natürlich immer gerne meine Kinder einbezogen. Oft sind gerade an den Wochenenden Vorstellungen, dann betreut mein Mann die Kinder, aber es gibt zum Glück auch freie Wochenenden dazwischen. ● ○

© Katharina Fröschl-Roßboth

Michael Scherff, Ensemblemitglied

Ich wurde in Wien geboren, absolvierte die Matura am Akademischen Gymnasium und studierte zwei Semester Jus. Da ich aber eigentlich Schauspieler werden wollte, hörte ich damit wieder auf und studierte Schauspiel am Mozarteum in Salzburg. Im dritten Jahr engagierte mich das dortige Landestheater, wo ich drei Jahre arbeitete und bei Peter Stein in „Julius Caesar“ mitspielte. Dann war ich in Deutschland, unter anderem in München am Bayerischen Staatsschauspiel. 2009 kam ich nach Österreich zurück.

Das sollte eigentlich nur eine Zwischenstation sein. Ich war bis dahin nie länger als vier Jahre an einem Haus im Engagement, weil ich immer wieder etwas anderes kennenlernen wollte. Doch dann lud mich die damalige Intendantin, Bettina Hering, zu einem Vorsprechen an das Landestheater Niederösterreich ein. Seitdem bin ich hier und froh darüber. Ich bin jetzt 56 Jahre alt, aber ich fühle mich nicht so. Ich habe das Gefühl, ich sei 38 oder 42. Ich habe einen sechsjährigen Sohn, der hält mich jung, ebenso wie die Kolleginnen und Kollegen.

Wir sind eine richtig gute Truppe.

Wir sind gerade eine richtig gute Truppe, und es macht unglaublichen Spaß zusammenzuarbeiten, sogar in dieser schwierigen Phase. Ich finde, dass das Theater gerade sehr wichtig ist und wir auch die Leute zum Lachen bringen müssen. Auch! Wenn diese Krise irgendwann beendet sein sollte, werden wir genug mit den Folgen für die Gesellschaft zu tun haben. Wie es momentan läuft, das gefällt mir gar nicht. Da bin ich gerade politisch sehr unzufrieden. Leute, die frei arbeiten, haben wirklich zu leiden. Das ist eine Katastrophe. Da sitze ich noch im weichen Nest. Wie lange? Weiß man nicht. ● ○

© Katharina Fröschl-Roßboth