Green Filming

„Wir brauchen positive Vorbilder!“


Seit 2018 gestalten Paula Pöll als künstlerische Leiterin und Katharina Kreutzer als Kuratorin gemeinsam das Programm des Kinos im Kesselhaus in Krems. Im Doppelinterview mit morgen erzählen die beiden, welche Filme zum Klimawandel sie besonders beeindruckt haben.

Paula Pöll: Filme mit ökologischer Botschaft, die uns beeindruckt haben? Da fällt mir als erstes „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“ ein. Als ich nach der Vorstellung das Kino verlassen habe, war ich voller Hoffnung und hatte das Gefühl: Wir können eben doch aktiv etwas beitragen! Es gibt Dokumentarfilme, die erzeugen ein „Es ist alles viel zu spät und hat sowieso keinen Sinn mehr“-Gefühl. Hier bekam ich diesen „Gemeinsam können wir alles erreichen“-Boost. Das Regieteam hat in zehn Ländern recherchiert und Menschen, Firmen und sogar ganze Städte gefunden, die schon lange gegen den Klimawandel kämpfen und viel erreicht haben.

Katharina Kreutzer: Ein ähnlich inspirierendes Beispiel wäre in Öster­reich „Zeit für Utopien“ von Kurt Langbein, der damals zum Filmgespräch bei uns war. Diese Gespräche sind uns wichtig: Positive, bejahende Vorbilder, die aufzeigen, was wir selbst tun können, brauchen wir heute dringend. Ich denke noch oft an das Modell der solidarischen Landwirtschaft aus diesem Film. Damit ist es in Südkorea gelungen, 1,5 Millionen Menschen zu ernähren und trotzdem die Bauern fair zu bezahlen.

Pöll: Ich mag auch sehr „Die Tage wie das Jahr“, einen ganz leisen, entschleunigten Dokumentarfilm von Othmar Schmiderer, der ein Jahr lang den Alltag eines Bauernpaares im Waldviertel porträtiert hat. Wenn er die beiden begleitet und zeigt, wie sie produzieren und verkaufen, welches besondere Verhältnis sie zu ihren Tieren und dem eigenen Grund und Boden haben, sieht man, dass es eben doch möglich ist, im Kleinen zu wirtschaften und gut dabei zu leben. Als die zwei mit dem Regisseur zum Gespräch nach vorne kamen, war das Publikum ganz ergriffen. Ich bin selbst im Waldviertel aufgewachsen und habe richtig mitgelebt.

Kreutzer: Ein toller Dokumentarfilm mit regionalem Bezug ist auch „Rettet das Dorf“. Teresa Distelberger, die Regisseurin, hat sich mit der Landflucht befasst und damit, wie man ihr entgegenwirken kann. Wir haben den Film knapp vor der Corona-Pause gezeigt. Im Publikum hat sich jeder gefragt: Wie steht es eigentlich mit meinem Ort, mit meinem Dorf? Gute Spielfilme mit nachhaltiger Botschaft sind selten. Einer davon ist der isländische Film „Gegen den Strom“. Darin behauptet sich eine „Bergfrau“ in ihrem Guerillakampf ganz alleine gegen die mächtige Aluminiumindustrie. Um die Umweltzerstörung aufzuhalten, verstößt sie auch gegen Gesetze. Sie zerstört Strommasten und -leitungen. Am Ende wirft diese märchenhafte Erzählung mit toller Musik und wunderbaren Naturaufnahmen eine wichtige moralische Frage auf: Wie weit darf man gehen, um die Umwelt zu schützen?

Pöll: Außerdem möchten wir den koreanischen Sci-Fi-Film „Snowpiercer“ empfehlen. Er entwirft eine Ausnahmesituation, die unserer jetzigen während Corona ähnelt. Ausgelöst ist sie durch ein Kältemittel, das in die Erdatmosphäre gespritzt wurde, um die globale Erwärmung aufzuhalten. Das Experiment ging schief und führte zu einer globalen Eiszeit. Die wenigen Überlebenden bewegen sich in einem fahrenden Zug rund um den Erdball: Die Armen sind hinten, die Reichen vorne, und es stellt sich die Frage: Was macht eigentlich eine Krise mit der Gesellschaft?● ○