Das Format der ECoC, der Europäischen Kulturhauptstadt, hat 1985 aus heutiger Sicht falsch begonnen: In den ersten Jahren wurden Städte wie Athen, Berlin und Paris dazu ernannt, die kulturell stark entwickelt waren. 1990 folgte ein Wechsel mit Glasgow, das kein kulturelles Image hatte und den Titel zum Anlass nahm, um sich kulturell weiterzuentwickeln. Das galt auch für Linz 2009, wo ich stellvertretender Intendant und Leiter der Projektentwicklung war. Linz wurde in Europa nicht so sehr als Kulturstadt wahrgenommen und hat den Titel genutzt, um an diesem Image zu arbeiten. Mittlerweile ist es Common Sense, dass es sich bei der Europäischen Kulturhauptstadt nicht um einen Preis handelt, der Städte für Geleistetes auszeichnet, sondern um einen Titel, der ihnen die Möglichkeit bietet, etwas zu entwickeln.
Zunächst ging es um Imageaufbesserung. Dann wurden Kulturhauptstädte zu Stadtentwicklungsprojekten, bei denen oft in die Infrastruktur investiert wurde und neue Landmarks wie Museen entstanden. Dafür ist in der Regel nicht mehr genug Geld da. Heute konzentriert man sich mehr auf die Software, auf Inhalte. Dabei spielen Werte eine besondere Rolle und Fragen wie: Was bedeutet uns Europa? Was bedeutet uns Solidarität? Integration? Das Verständnis für Europa ist uns abhanden gekommen, es gibt eine Tendenz zu autoritären Regimen. Wir müssen die Demokratie wieder stärker betonen. Das ist wichtiger als die Frage, was wir neu bauen wollen oder welches Theaterfestival wir uns vorstellen können.